Chronisch für Seiten
oder: Ist Facebook überhaupt noch ein „social network“?
Seit gestern gibt es bei Facebook also die Timeline (deutsch: Chronik) für Seiten.
Erwartet hat es eigentlich jeder, aber dass es so plötzlich, ohne Voranmeldung noch vor der Konferenz für alle zugänglich ist, das war dann schon eine Überraschung.
Ich hatte in der Mittagspause immerhin Zeit, die Münsterhexen umzustellen (bei anderen Seiten ist es noch eine Frage der Tabs) und mir Gedanken zu den neuen Funktionen und zum neuen Aussehen zu machen.
Und genau aus diesen Gedanken entwickelt sich der Untertitel …
Coverbild
Super! Endlich viel Platz. Allerdings nervt etwas die heftige Komprimierung und die Einschränkungen, was da nun alles abgebildet sein darf. Die Richtlinien sind eher etwas schwammig, da wird es bald die ersten Streitigkeiten geben …
Tabs /Apps
Die sollen wohl in Zukunft wegfallen. Zumindest sind jetzt nur 3 sichtbar („Fotos“ sind fest gesetzt – „gefällt mir“ lustigerweise nicht), insgesamt ist man auf 12 begrenzt und da die übrigen 8 nur durch einen weiteren klick sichtbar werden, ist abzusehen, wie viel weniger da geklickt wird …
Auch einen Welcome-Tab kann man nicht mehr einrichten – vielleicht gar nicht so verkehrt!
Doch warum „deaktiviert“ Facebook ein Feature, dass von so vielen Unternehmen weltweit sehr intensiv genutzt wird? Ich bin auf einen Interessanten Artikel bei insidefacebook.com gestoßen, dort heißt es:
“ The social network seems to be weaning pages off of tab applications. The vision is for Facebook to be integrated into third-party websites and mobile apps, not to have applications running within page frames. Because many companies already invested in developing applications for their pages, however, the social network could not simply get rid of them at this stage.“
http://www.insidefacebook.com/2012/02/29/timeline-for-facebook-pages-complete-overview/
Es ist für Facebook natürlich witchitg, Fremdcontent loszuwerden, denn dann haben sie es geschafft, eine eigene, abgegrenzten Welt zu schaffen, in der dann auch voll ihre Spielregeln gelten – und dann lässt sich richtig Geld verdienen …
Insights für alle
Ich weiß noch nicht so genau, ob ich will, dass jeder einen Teil meiner Statistik sehen kann. Ich kenne zumindest keinen Bäcker, der seine CRM-Auswertung im Laden hängen hat …
Impressum
Das Problem existiert zwar „nur“ in Deutschland, aber das verpflichtende Impressum auch auf Facebook-Seiten wird durch den neuen, Infobereich und die veränderte Anzahl von sichtbaren Tabs zu einem neuen Spießrutenlauf, bei dem die Briefträger bald wieder einige Abmahnungen mehr in Briefkästen werfen werden.
Nachrichten an die Seite schicken
Einerseits ganz nett, andererseits erhofft sich doch hoffentlich kein Fan echten Support über Facebook? Gerade bei großen Firmen gab es das bisher auch nicht – bzw. ist mir nicht wirklich untergekommen.
Zumal das Social-Media-Team öfter auch mal eine externe Firma ist, die keinerlei Zugriff auf Supportmöglichkeiten & Kundendaten hat …
Und lebt eine Facebook-Seite nicht gerade davon, dass es Dialog auf der Seite gibt?
Fan-Beiträge
Das bringt uns geradewegs zu den Beiträgen von Fans auf meiner Pinnwand – die gehen jetzt irgendwie total unter. Sind viel versteckter als früher, werden am Rand kurz zusammengefasst.
Das ist mir zu sehr one-way-Kommunikation als Dialog.
Shitstorm-Killer
Als das wird die neue Möglichkeit angepriesen, die es erlaubt, Fankommentare erst einmal in einer Warteschleife zu halten.
Mir fallen spontan einige Unternehmen ein, die auf diesem Wege gerne Kritik unter den Teppich kehren, nur einen echten Shitstorm kann man damit nicht aufhalten, der verlagert sich dann nämlich auf andere Kanäle und damit auch außerhalb des Einflussbereichs des eigenen Social-Media-Teams – und ING-DiBa hat gerade schön gezeigt, wie man sich erfolgreich aus einem solchen Sturm retten kann, vor allem, wenn man cniht wirklich etwas dafür kann …
Mehr Ich, weniger wir
Ich habe insgesamt das Gefühl, die Fanseiten sollen mehr eine Präsentationsfläche, als ein Dialogangebot werden. One-Way wird das Bild beherrschen und die Seiten werden dadurch vielleicht weniger aufgerufen – für Facebook gut, denn die Fans werden die Meldungen lieber im Feed lesen und dort gibt es viel mehr verkaufbare Werbefläche.
Allerdings finde ich es schon schade, dass die Gemeinsamkeit auf der Strecke bleibt, daher auch meine Frage, ob Facebook überhaupt noch die klassischen Grundsätze eines „social network“ erfüllt …
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